
Unser Weg zu einem umfassenden Umweltmanagement
Berichte über immer neue Wetterphänomene, Temperaturrekorde, Überschwemmungen oder Waldbrände begleiten uns schon seit Langem. Freuen wir uns im Frühjahr noch darüber, den Wintermantel schnell wieder an den Haken hängen zu können, so stöhnen wir immer zügiger über gnadenlos drückende Hitze, die scheinbar keine Obergrenze kennt. Nicht nur wir selbst, auch ältere Menschen und Kinder leiden unter Temperaturen von teilweise 40 °C. Hersteller von Klimaanlagen freuen sich über die positiven Absatzzahlen in den vergangenen Jahren und über zukünftige Prognosen. Auf der anderen Seite des Spektrums sind Millionen von Menschen von Armut bedroht, deren Lebensgrundlage von einem stabilen Klima abhängt.
Gesellschaftliche Verantwortung
Dass die Menschheit einen erheblichen Einfluss auf das Klima hat, muss nicht mehr diskutiert werden. Stattdessen sind wir nun aufgefordert, uns Gedanken zu machen, wie wir die Kuh vom Eis bekommen. Bestenfalls, bevor Letzteres vollends geschmolzen ist. Dabei merken wir immer wieder, dass individuelle und punktuelle Maßnahmen im globalen Kontext nicht viel Wirkung haben. Es ist ein gesellschaftliches Problem, das wir als Gesellschaft angehen müssen. Dazu gehört, die wesentlichen Faktoren und erheblichen Einflüsse unseres Handelns zu identifizieren und herauszufinden, wie wir sie verringern können. Und hier kommt Umweltmanagement ins Spiel.
Ende 2023 hat Deutschland das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) verabschiedet und damit eine Vorgabe der EU zur Verringerung von Energieverbräuchen in nationales Recht überführt. Organisationen mit einem Verbrauch von mehr als 7,5 Gigawattstunden (GWh) im Jahr sind nun verpflichtet, Energie- oder Umweltmanagementsysteme zur Verringerung ihrer Umwelteinflüsse zu etablieren. Diese Vorgabe betrifft unser Werk ganz konkret.

Umweltmanagement mit EMAS
Mit einem Endenergieverbrauch von ca. 10,5 GWh allein im Jahr 2023 überschreitet die Diakonie Leipzig die Schwelle des EnEfG nicht nur knapp. Daraus ergab sich die Wahl, ein Managementsystem für Energie oder Umwelt einzuführen. Die Entscheidung fiel auf das Umweltmanagementsystem nach dem Eco Management and Audit Scheme (EMAS), das neben Energieverbräuchen zusätzliche Themenfelder wie Abfall, Wasserverbrauch und Emissionen betrachtet. Das gibt uns nicht nur einen viel umfassenderen Blick auf unsere Umwelteinflüsse und mehr Spielraum bei der Erarbeitung von Maßnahmen. Es passt auch viel besser zum Profil der Diakonie als gemeinnützige Organisation, die sich vorurteilsfrei für das Wohl der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit einsetzt. Das EMAS wird in der Europäischen Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 beschrieben und legt neben der kontinuierlichen Verbesserung außerdem viel Wert auf Kommunikation.
Organisationen, die ein Umweltmanagementsystem nach EMAS nutzen, verpflichten sich, jährlich einen Bericht über ihre Umweltleistung zu publizieren. Diese sogenannte Umwelterklärung beschreibt das Unternehmen selbst, seine Einflüsse auf die Umwelt sowie die gesteckten und bisher erreichten Ziele. Sie bietet darüber hinaus einen Überblick über die vergangenen Jahre und stellt so positive oder negative Entwicklungen dar.
Für diese Berichterstattung gibt die Verordnung einen konkreten Rahmen vor: Wir betrachten insgesamt sechs Umweltbereiche, hier Kernindikatoren genannt. Das sind Energie, Material, Wasser, Abfall, Biodiversität und Emissionen. Im Bereich Energie analysieren wir den Verbrauch von Strom und Wärme. Unter Material fallen Rohstoffe, Hilfsstoffe und Betriebsstoffe. In unserem Fall konzentrieren wir uns hauptsächlich auf Pflege- und Hygieneprodukte, Reinigungsmittel und Papier, da wir nur wenige Produktionsstätten haben. Der Kernindikator Wasser beschreibt unseren Verbrauch, aber auch Einleitungen in und Entnahmen aus Gewässern sind relevant. Im Bereich Abfall unterscheiden wir zwischen ungefährlichen und gefährlichen Stoffen, die separat erfasst werden müssen. Biodiversität betrachtet den Einfluss auf den Lebensraum von Tieren und Pflanzen, dargestellt am Verhältnis versiegelter Fläche zur Gesamtfläche. Schließlich spiegeln sich fast alle Bereiche in Emissionen wider, welche die ausgestoßene Menge an CO2 und anderen Schadstoffen, z. B. aus der Wärmeerzeugung, beinhalten. Aber auch Themen wie Arbeitswege und Dienstreisen können hier eine Rolle spielen.
Ziele definieren
Der jährliche Zyklus zur Einführung und Weiterentwicklung des Umweltmanagements läuft in mehreren Schritten ab: Als Erstes müssen wir uns einen Überblick über unsere Umweltauswirkungen in den genannten Bereichen verschaffen. Dafür braucht es eine gute und möglichst umfassende Datengrundlage. Diese zu schaffen, ist Inhalt der ersten Monate eines jeden Zyklus. Mit dieser Wissensbasis können wir herausfinden, welche Aspekte unserer Arbeit einen besonders großen Umwelteinfluss haben, für die wir realistische und messbare Ziele festlegen. Um sie zu erreichen, werden notwendige Maßnahmen definiert. Das können organisatorische Aufgaben wie Schulungen oder neue Prozesse, aber auch technische Modernisierungen sein. Ob und in welchem Ausmaß wir erfolgreich waren, überprüfen wir jährlich selbst in Form von internen Audits. Die Ergebnisse der Audits sind gleichzeitig die Grundlage für die Umwelterklärung und werden wiederum von einem/einer Umweltgutachter:in als Teil des Zertifizierungsprozesses untersucht. Neben der Prüfung der Dokumentation wird diese Person auch stichprobenartig das Werk selbst besuchen, mit den Mitarbeitenden und der Leitung sprechen und sich so davon überzeugen, dass wir das Thema Umwelt ernsthaft bearbeiten. Mit erfolgreicher Prüfung erhalten wir die Berechtigung, das EMAS-Logo zu verwenden.
Gemeinsam für eine nachhaltige Zukunft
Genauso divers wie unser Werk selbst werden auch die Ergebnisse der Umweltprüfung sein. So wird es in den unterschiedlichen Einrichtungen unterschiedliche Umweltauswirkungen geben, teilweise auch innerhalb eines Fachbereiches. Das ist eine unglaublich spannende, aber nicht triviale Aufgabe. Gerade während der Ersteinführung des Systems, wenn wir noch nicht alle nötigen Informationen haben, kann deren Beschaffung mit gewissem Aufwand verbunden sein. Dies stellt gleichzeitig eine große Chance dar, passende Prozesse für die kommenden Jahre zu etablieren, die die Arbeit stark vereinfachen. Um eine wirklich gute Basis zu schaffen, haben wir ein Umweltteam zusammengestellt, das im Juni 2024 gestartet ist. Es besteht aus Vertreter:innen aller Fachbereiche sowie der Verwaltung und bildet so einen sehr wertvollen Querschnitt des Werkes. Das Team soll vor allem eine Schnittstelle zu allen Mitarbeitenden des Werkes und unseren Klient:innen sein, die nicht nur Informationen verteilt, sondern insbesondere Feedback aufnimmt. Somit laden wir alle Mitarbeitenden ein, an der Gestaltung unseres Umweltmanagementsystems mitzuwirken. Unsere Mitarbeitenden kennen die speziellen Abläufe und Arbeitsprozesse am besten, und daran soll sich das System orientieren. Nur so können wir unsere Anstrengungen dahin lenken, wo sie am meisten Gutes bewirken. Denn letztendlich ist der Schutz der Umwelt kein Selbstzweck, sondern der Erhalt unserer Lebensgrundlage.
Daniel Preuß
Referent für Umweltmanagement