Rückblick Fachtag 2020

Das war unser Fachtag Sterben und Trauer in verschiedenen Religionen im Jahr 2020


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Der Fachtag zum Thema „Umgang mit Tod und Sterben in den verschiedenen Religionen“ fand am 12. November 2020 als Podiumsgespräch mit Online-Übertragung mit Teilnehmenden aus der Alten- und Krankenpflege, der Palliativpflege, dem Bereich Seelsorge, dem Bestattungswesen und anderen Interessierten statt. Die Veranstaltung wurde organisiert von Mitarbeitenden aus der Diakonie Leipzig, der Ökumenischen Flüchtlingshilfe, der Ev. Luth. Kirchgemeinde St. Thomas, DIE BESTATTUNG ANANKE, sowie aus dem Brückenteam am Hospiz Villa Auguste. Das Sachsen-Fernsehen hat als Medienpartner für diesen Tag die Produktion übernommen.


Am Podium nahmen teil:

  • Buddhismus: Shifu Simplicity- Miao Fao Zentrum Berlin
  • Katholisch: Pfarrer Dr. Andreas Martin
  • Jüdisch (orthodox):  Rabbiner Zsolt Balla
  • Evangelisch: Pfarrer i. R. Christian Wolff
  • Muslimisch (Ahmadyya): Imam Umer Malik
  • Bahai: Afsane Akhtar Khawari

Die Moderation hatte Friederike Ursprung, Evangelische Kirchenredakteurin bei Radio PSR.

Mitschnitt des Livestreams Teil 1

Mitschnitt des Livestreams Teil 2

Die 3,5 Stunden waren gefüllt mit intensiven Gesprächen und Informationen zu verschiedenen Aspekten des Themas. Die Teilnehmenden nutzten äußerst rege die Möglichkeit, über Chat und E-Mail Fragen an die Referenten zu stellen. Vor allem Informationen nach Riten und Gebräuchen in den verschiedenen Religionen und Kulturen sowie Hinweise zum angemessenen kultursensiblen Umgang mit sterbenden und gestorbenen Menschen sowie ihren Angehörigen waren dabei zentral. Kurz zusammengefasst kamen folgende Inhalte zur Sprache:

Verständnis von Tod

In allen Religionen wird erwartet, dass der Tod nicht das endgültige Ende, sondern der Übergang in eine andere Wirklichkeit ist.

Zentral ist in allen Religionen die Begleitung und die menschliche Nähe in dieser schweren Zeit. Sowohl die Sterbenden als auch die Angehörigen sollen nicht allein gelassen werden. Dies gilt für den Sterbeprozess, aber auch für die Zeit nach dem Tod, also die Trauerzeit. Dafür gibt es verschiedene Traditionen und Rituale, die mehr oder weniger streng eingehalten werden. Alle Religionen betonen, dass der Tod zum Leben gehört und nicht tabuisiert werden soll. Familien, auch Kinder, sollen das Geschehen mitbekommen und lernen, damit umzugehen.

Während in den abrahmitischen Religionen der Tod als eine Art Heimkehr zu Gott verstanden wird, lehrt der Buddhismus die Wiedergeburt in einer neuen Lebensform, die – je nach Karma – mit mehr oder weniger Leiden verbunden ist. Im Bahrai verlässt die Seele im Moment des Sterbens den menschlichen Körper und ist frei.


Rituale und Traditionen

In manchen Religionen gibt es genaue Regeln und Abläufe, die eingehalten werden müssen, insbesondere im Judentum und beim Islam der Fall. Die Regeln betreffen den Umgang mit dem Toten: Waschen, Kleiden, Beerdigung (Feuerbestattung ist tabu) und die Rituale zur Trauerbewältigung: Totenwache, Wehklage, Trauerbegleitung durch Angehörige.

Beispiele: Im Judentum sind Blumen in Verbindung mit Toten tabu. Auch auf Friedhöfen gibt es keine Blumen. Die Beerdigung soll als Erdbestattung und so schnell wie möglich durchgeführt werden. Die Trauerrituale sind sehr genau festgelegt. In den ersten 7 Tagen verlassen die Trauernden das Haus nicht. Verwandte und Freunde stehen ihnen bei und bringen Essen für die Trauernden. Die gesamte Trauerzeit dauert ein ganzes Jahr und gilt der Ehre und Erinnerung an den Verstorbenen. In dieser Zeit gibt es etliche Regelungen für die nahen Verwandten.

Im Islam werden die Toten ebenfalls so schnell wie möglich beerdigt. Auch hier ist die Erdbestattung vorgeschrieben. Waschung und Kleidung der Toten erfolgen nach genauen Regeln. Diese rituellen Handlungen übernehmen die Verwandten oder ein muslimischer Bestatter. Die Trauerzeit dauert 3 Tage.

In der christlichen Religion gibt es viele Angebote wie Aussegnung, Beerdigungsrituale, Krankensalbung (katholisch), diese werden unterschiedlich angenommen und durchgeführt. Im Mittelpunkt der Sterbe- und Trauerbegleitung steht die Seelsorge. Die Art der Bestattung (Erdbestattung, Feuer, Wasser) wird den Gläubigen freigestellt.

Im Bahrai gibt es generell wenig Regeln und Rituale, dies gilt auch für den Umgang mit Tod und Sterben. Allerdings ist auch hier Feuerbestattung tabu und es wird Wert darauf gelegt, in der Nähe des Sterbeortes zu beerdigen und den Leichnam nicht zu weit zu transportieren.

Der Buddhismus hat etwas andere Inhalte – hier geht es nicht vorrangig um die Begleitung in eine andere, ewige Welt, sondern um ein möglichst positives Karma und die Beruhigung des Geistes des Verstorbenen, um gute Voraussetzungen für die nächste Inkarnation zu schaffen. Im Buddhismus ist Feuerbestattung üblich.


Suizid

Leben, das von Gott gegeben wurde, soll der Mensch sich nicht nehmen. So ist die grundsätzliche Haltung in allen Religionen. Das Christentum hat seine ungute Geschichte der Ausgrenzung von Menschen, die sich selbst getötet haben, weitgehend überwunden. Die Selbsttötung wird als tragisches Ende einer Krankheit gesehen, die das Leben unmöglich macht – und in dieser Interpretation nicht als freie Entscheidung des Menschen. Ähnlich ist es im Judentum. Statt Verurteilung wird Barmherzigkeit geltend gemacht.

Im Islam wird der Suizid verachtet und Menschen, die sich selbst getötet haben, erhalten nicht die volle rituelle Handlung. Trotzdem kümmern sich die Familien um die Beerdigung der Toten und das Mitgefühl der Gemeinde gilt auch ihnen. Für Buddhisten bringt die Selbsttötung eine negative Geisteshaltung und damit äußerst schlechtes Karma mit sich, so dass sich daraus eine schlechte Prognose für die folgende Wiedergeburt ableiten lässt.


Sterbehilfe und Palliativmedizin

Alle Religionen lehnen aktive Sterbehilfe ab, bejahen aber individuelle (also auch ablehnende) Entscheidungen in Bezug auf lebensverlängernde Maßnahmen. Palliative Behandlung, um möglichst ohne Angst und Schmerzen und in angenehmer Umgebung sterben zu können, werden ebenfalls positiv bewertet.


Seelsorge und Begleitung als zentrales Anliegen aller Religionen

In allen Religionen bieten die Rituale und Bräuche eine gewisse Schutzfunktion für die Würde des Sterbenden/Verstorbenen sowie eine Hilfe im Umgang mit Abschied und Trauer für die Hinterbliebenen. Das wichtigste Anliegen ist es, Sterbende und Trauernde zu begleiten, mit Gebet, mit menschlicher Nähe und Mitgefühl, teilweise auch mit praktischer und materieller Hilfe.


Dieser Fachtag konnte viele Themen nur anreisen, manches kam aus Zeitmangel garnicht zur Sprache. Die Veranstalter wollen deshalb weitere Veranstaltungen dazu organisieren. Gern können Sie mit uns in Kontakt treten.

Ansprechpartnerin: Ramona Baldermann-Ifland | Diakonie Leipzig - Fachstelle Migration | T 0049 341 58617224 | ramona.baldermann(at)diakonie-leipzig.de