Begleitung durch den Trauerprozess

Angehörige verlieren mit dem Tod ihres geliebten Menschen oft ihren Lebensmittelpunkt, die Tagesstruktur und eine Sinnhaftigkeit ihres eigenen Daseins. Dies kann unter Umständen zu Angst und depressiven Verstimmungen führen. Oft beginnt dieser Prozess schon mit dem Einzug des Partners oder der Partnerin in das Pflegeheim. Das gemeinsame Erleben und Leben sind nicht mehr in der gewohnten Form gegeben und erste Trauerprozesse müssen bewältigt werden.
Viele Menschen begleiten ihre Eltern, Geschwister, Partnerinnen und Partner bis zum Tod intensiv im Pflegeheim. Manche kommen fast täglich in die Einrichtung und verbringen einen Teil des Tages mit ihren Liebsten. Da ergibt es sich, dass sie fast schon zum Alltag im Heim dazugehören. Sie lernen andere Bewohnerinnen und Bewohner kennen, sprechen häufig mit dem Pflegepersonal und haben Kontakt zur Heimleitung. Wir betreuen in unseren Einrichtungen im Jahr ca. 900 Personen, viele haben Angehörige, die teilweise jahrelang täglich in den Einrichtungen zu Besuch kommen. Sie sollen in der Zeit der Betreuung ihrer Nächsten und auch nach deren Versterben nicht alleingelassen werden.


Begleitung im Trauerprozess

Um in dieser schwierigen Zeit Unterstützung und Seelsorge anzubieten und den Trauerprozess zu begleiten, entwickelt die Diakonie Leipzig im Fachbereich Altenhilfe das Pilotprojekt „Trauerbegleitung plus“. Ziel ist es, den Angehörigen Beistand und Trost zu geben und sie durch den Trauerprozess zu begleiten, damit sie die Situation für sich akzeptieren können und in der Lage sind, ihr eigenes Leben gut weiterzuführen.
Renate Bauer ist im Pflegeheim Marthahaus verantwortlich für die soziale Betreuung. Außerdem ist sie ausgebildete Seelsorgerin und Trauerbegleiterin. Sie besitzt ein hohes Maß an Selbstreflexion, kennt geeignete Methoden und kann ihre spirituelle Kompetenz einsetzen. Dadurch ist sie in der Lage, auf die individuellen Bedürfnisse der Trauernden einzugehen und sie bestmöglich zu unterstützen. Gleichzeitig achtet sie auf eine gesunde Balance von Abgrenzung und Unterstützung. Sie ist die Schnittstelle zwischen Pflegepersonal und Angehörigen und betreut nach dem Versterben der Bewohnerinnen und Bewohner die Angehörigen auf Wunsch weiter.

Abschiedsrituale

Renate Bauer ist in allen Pflegeheimen aktiv, auch dank der Förderung über die Glückspirale. Im Rahmen der Trauerbegleitung geht sie auf die individuellen Bedürfnisse der Trauernden ein und unterstützt sie so gut wie möglich in jeder Phase des Trauerprozesses. Dies geschieht auf verschiedene Weise: Rituale zum Abschiednehmen werden bewusst in den Pflegealltag integriert und darin auch die Angehörigen einbezogen. Hierzu werden auch Weiterbildungen und Fachtage für das Pflegepersonal angeboten.
Seit Mai 2024 findet einmal monatlich ein Trauercafé statt. Hier treffen sich trauernde Angehörige zum Kaffeetrinken, zum Gespräch und für einen Impuls durch Renate Bauer, die das Café leitet. Das Café findet in unterschiedlichen Räumen der Diakonie statt – Angehörige können ohne Anmeldung daran teilnehmen. Zurzeit ist eine Trauergruppe im Aufbau für trauernde Angehörige, die sich verbindlich und regelmäßig zum intensiven Austausch treffen möchten.

Weiterhin besteht das Angebot für Einzelgespräche und seelsorgerische Begleitung im Trauerprozess in allen unseren Pflegeheimen. Auch Mitarbeitende in der Pflege, die um verstorbene Bewohnerinnen und Bewohner trauern oder sich in einer Krise bzw. schwierigen Lebenssituation befinden, können das Angebot der seelsorgerischen Begleitung in Anspruch nehmen.
Halt in diesen schwierigen Situationen zu geben, ist einer der Hauptschwerpunkte in der Arbeit mit trauernden Angehörigen. Erreicht werden kann dies durch eine Haltung, die geprägt ist von Empathie, Wertschätzung und Achtsamkeit. Dies möchten wir den Menschen, die um ihre Angehörigen im Pflegeheim trauern, erlebbar und erfahrbar machen.

Begegnungen und Gespräche im Marthahaus
[Foto: M. Möller]

Verbunden mit dem Marthahaus

Es war ein schwerer Schritt für Jürgen Ullrich, als er 2019 seine Frau ins Pflegeheim geben musste, auch wenn er gedanklich schon seit 2014 darauf vorbereitet war. Denn damals wurde bei seiner Frau Demenz diagnostiziert. Seit dieser Zeit hat er alle Phasen dieser unheilbaren und schweren Krankheit miterlebt und seine Frau so gut wie möglich begleitet – bis 2019 zu Hause und als das nicht mehr ging, im Pflegeheim Marthahaus.

„Meine Frau wurde sehr gut aufgenommen und im Pflegeheim wunderbar behandelt. Ich war alle zwei Tage im Pflegeheim und habe sie besucht, bis zu ihrem letzten Tag. Immer wieder konnte ich erleben und mich davon überzeugen, dass man sie liebevoll behandelt, sie akzeptiert, wie sie ist, und auf ihre Befindlichkeiten Rücksicht nimmt. In dieser Zeit habe ich viele Pflegerinnen kennengelernt und mich oft mit ihnen unterhalten. Es war ein gutes Miteinander und hat mich sehr mit dem Marthahaus verbunden. Natürlich hat mich auch das Befinden der anderen Heimbewohner interessiert, ich war im Plauderstübchen zum Kaffee, da gab es viele Gespräche mit anderen Betroffenen. Insofern waren diese dreieinhalb Jahre auch eine schöne Zeit. Meine Frau ist im Mai 2023 verstorben. Ihr Tod und die Trauer haben mich sehr beschäftigt und in ein tiefes Loch fallen lassen. Doch mit dem Marthahaus ist der Kontakt nie abgerissen und heute gehe ich wieder regelmäßig dorthin. Zu den Pflegerinnen und Pflegern, die meine Frau bis zuletzt betreut haben, habe ich heute noch ein gutes Verhältnis. Frau Weimert und Frau Bauer setzen mich für kleinere Aufgaben ein und ich nehme mir die Zeit dafür. Einmal pro Woche bringe ich die Blumen für die Geburtstage und Jubiläen ins Marthahaus. So bin ich regelmäßig an dem Ort, der nicht nur für meine Frau, sondern auch für mich wie ein zweites Zuhause geworden ist. Die Gespräche mit Frau Bauer und jetzt auch das Trauercafé helfen mir, besser mit meiner Trauer umzugehen und wieder den Weg zurück ins Leben zu finden.“

„So bin ich regelmäßig an dem Ort, der nicht nur für meine Frau, sondern auch für mich wie ein zweites Zuhause geworden ist.“
Jürgen Ullrich


Susanne Hofferbert
Mitarbeiterin Unternehmenskommunikatio